ISLAM - Gebet und Gottesdienst

Das vorausgegangene Kapitel hat klargelegt, daß uns der Prophet Muhammad (Friede sei mit ihm) fünf Glaubensartikel ans Herz gelegt hat:

1. Den Glauben an Einen Gott, Der absolut keinen Geführten neben Sich hat in Seiner Göttlichkeit.
2. Den Glauben an Gottes Engel.
3. Den Glauben an Gottes offenbarte Bücher und an den Heiligen Qur'an als Sein letztes Buch.
4. Den Glauben an Gottes Propheten und an Muhammad als Seinen letzten und endgültigen Gesandten.
5. Den Glauben an das Leben nach dem Tod.

Diese fünf Artikel stellen die Grundlage des Islams dar. Derjenige, der an sie glaubt, tritt in den Schoß des Islams ein und wird ein Mitglied der Gemeinschaft der Moslimen. Doch nur durch ein Lippenbekenntnis allein wird man noch kein vollkommener Muslim. Dies wird man erst, wenn man die von Muhammad verkündeten Lehren, wie Gott sie ihm offenbart hat, voll und ganz in die Praxis umsetzt. Denn der Glaube an Gott zwingt uns zum praktischen Gehorsam Ihm gegenüber, und es ist der Gehorsam gegen Gott, der sich in der Religion des Islams manifestiert. Durch diesen Glauben bekennen wir, daß Allah, der Einzige Gott, allein unser Gott ist, und dies bedeutet, daß Er unser Schöpfer ist und wir Seine Geschöpfe sind; daß Er unser Herr und Meister ist und wir Seine Diener sind; daß Er unser Herrscher ist und wir Seine Untertanen sind. Wenn wir uns weigere Ihm zu gehorchen, nachdem wir Ihn als unseren Herrn und Beherrscher anerkannt haben, dann sind wir Rebellen auf eigene Gefahr und zu unserem eigenen Schaden. Hand in Hand mit dem Glauben an Gott geht unsere überzeugung, daß der Qur'an Gottes Buch ist. Dies bedeutet, daß wir den gesamten Inhalt des Qur'ans als von Gott offenbart anerkennen. Es wird daher zur bindenden Pflicht für uns, alles, was auch immer darin enthalten ist, zu akzeptieren und zu befolgen. Gleichzeitig haben wir bestätigt, daß Muhammad Gottes Gesandter ist, was bedeutet, daß wir alle seine Anweisungen und Verbote als von Gott kommend anerkennen. Nach diesem Bekenntnis wird unser Gehorsam ihm gegenüber zur Pflicht. Daher werden wir erst dann vollwertige Moslimen sein, wenn unser Tun und Denken mit unserem Bekenntnis übereinstimmt. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, dann bleibt unser Islam unvollkommen.

Nun wollen wir sehen, welche Richtlinien für unser Verhalten Muhammad uns gemäß Gottes Weisungen gegeben hat. Das erste und wichtigste in dieser Beziehung sind die Ibadat - die vordringlichsten oder primären Pflichten, die von allen Menschen beachtet werden müssen, die sich als Angehörige der Gemeinschaft der Moslimen bezeichnen.

1. Der Sinn der Ibada oder des Gottesdienstes
Ibada kommt aus dem Arabischen und hat seine Wurzeln in dem Wort "Abd" das heißt Sklave, Diener. Es bedeutet Unterwerfung, Ergebenheit, Gehorsam und besagt, daß Gott

unser Herr und Meister ist und daß wir Seine Sklaven oder Diener sind und daß alles, was wir als Seine Diener im Gehorsam Ihm gegenüber und zu Seinem Wohlgefallen tun "Ibada" ist. Die islamische Auffassung der Ibada ist sehr weitreichend. Wenn wir uns in unserer Redeweise vor jeglicher Unreinheit, Falschheit, Bosheit und allem Mißbrauch hüten, uns stets an die Wahrheit halten und lediglich über gute Dinge sprechen und wenn wir all dies nur tun, weil Gott uns dazu angehalten hat, so stellt dieses Verhalten ,Ibada dar, wie weltlich und unreligiös es sich auch dem äußeren Anschein nach ausnehmen mag. Wenn wir das Gesetz Gottes in unseren geschäftlichen oder wirtschaftlichen Angelegenheiten buchstabengetreu und sinngemäß befolgen und daran auch im Umgang mit unseren Eltern, Verwandten, Freunden und all jenen, mit denen wir in Berührung kommen, festhalten, so ist auch dies Ibada. Wenn wir den Armen und Bedrängten helfen, den Hungernden zu essen geben und für die Kranken und Leidenden sorgen und wenn wir all dies nicht zu irgendwelchem Persönlichen Nutzen tun, sondern nur, um damit Gottes Wohlgefallen zu suchen, so sind alle diese guten Taten nichts anderes als Ibada. Selbst unsere geschäftlichen Unternehmungen - der Beruf; durch den wir unseren Lebensunterhalt verdienen und jene ernähren, die von uns abhängig sind - sind "Ibada" solange wir dabei ehrlich und vertrauenswürdig bleiben und das Gesetz Gottes beachten. Kurz und gut, all unser Tun und unser ganzes Leben ist "lbada", solange es in übereinstimmung mit Gottes Gesetz steht und unser Herz von Ehrfurcht für Ihn erfüllt ist und es unser Endziel bei allem bleibt, Gottes Wohlgefallen zu erwecken. So erfüllen wir, wenn immer wir aus Ehrfurcht vor Gott Gutes tun oder Böses vermeiden, in welchem Leben Bereich oder auf welchem Tätigkeitsfeld auch immer es sei, unsere islamischen Pflichten. Dies ist die tatsächliche Bedeutung der ,Ibada - nämlich völlige Unterordnung und Ergebung in das, was Gott wohlgefällig ist, und absolute Ausrichtung des gesamten Lebens nach dem Muster des Islams, wobei auch nicht die scheinbar unwichtigste Kleinigkeit außer acht gelassen wird. Damit dieses wunderbare Ziel leichter erreicht werden kann, ist eine Anzahl von formalen "Ibadat" - Diensten an Gott -festgesetzt worden, die als eine Art von Schulung oder übung dienen. Je ausdauernder und fleißiger wir diese übungen ausführen, um so besser sind wir dafür gerüstet, unsere Ideale mit unserem Tun in Einklang zu bringen Die "Ibadat" sind also die Säulen, auf denen das Gefüge des Islams ruht.

a) Das Gebet
Das Gebet - arabisch "Ssalat" - ist die allererste und wichtigste dieser Verpflichtungen. Doch was verstehen wir unter dem islamischen Gebet? Es sind die vorgeschriebenen täglichen Gebetsübungen, die darin bestehen, daß wir uns fünfmal am Tag das wiederholen und ins Gedächtnis rufen, worauf unser Glaube aufgebaut ist.

Wir stehen früh am Morgen auf; waschen uns rituell und treten vor unseren Herrn hin zum Gebet. Die verschiedenen Stellungen, die wir während unseres Gebetes einnehmen, sind nichts anderes als der Ausdruck unserer Ergebenheit, geistig sowohl als auch körperlich. Die verschiedenen Rezitationen erinnern uns an unsere Verpflichtungen Gott gegenüber Wir suchen Seine Leitung und bitten Ihn immer und immer wieder darum uns die Kraft zu geben, Seinen Unwillen zu vermeiden und Seinen auserwählten ,Weg zu befolgen. Wir rezitieren aus dem Buch des Herrn und legen Zeugnis für die Wahrhaftigkeit des Propheten ab, wir erneuern unseren Glauben an den Tag des Jüngsten Gerichts und rufen uns stets wieder ins Gedächtnis zurück, daß wir vor unseren Herrn hintreten und Rechenschaft für unser gesamtes Leben ablegen müssen. So also beginnt unser Tag.

Dann, wenn die Sonne den Zenit überschritten hat, ruft der Mu'asin uns zum Mittagsgebet, und wir werfen uns abermals vor unserem Herrn auf die Knie und erneuern unseren Bund mit ,in Wir machen uns für einige Minuten von unseren weltlichen Banden frei und bitten Gott um Gehör. Dies rückt uns unsere wirkliche Rolle im Leben vor Augen. Nach diesem Gottesdienst wenden wir uns wieder unserer alltäglichen Beschäftigung zu.

Doch nach wenigen Stunden erscheinen wir erneut vor unserem Herrn. Dies dient uns abermals zur Ermahnung, und wir widmen unsere Aufmerksamkeit wieder ganz unseren Glaubenspflichten.

Wenn die Sonne untergeht und die Dunkelheit der Nacht uns zu umhüllen beginnt, finden wir uns abermals vor Gott im Gebet ein, damit wir unsere Aufgaben und Pflichten nicht vergessen mögen inmitten der herannahenden Schatten der Finsternis.

Und schließlich, bevor wir uns zur Ruhe legen, treten wir nochmals vor Gott hin und verrichten unser letztes Gebet. So beleben wir noch einmal unseren Glauben und verneigen uns vor unserem Herrgott, bevor wir unseren Tag zu Ende bringen.

Die Häufigkeit und zeitliche Festsetzung der Gebete lassen uns niemals Ziel und Sinn des Lebens aus den Augen verlieren im Trubel weltlicher Geschäftigkeit. Es ist ganz leicht verständlich, wie die täglichen Gebete die Grundmauern unseres Glaubens festigen, uns für ein Leben der Tugendhaftigkeit und des Gehorsams Gott gegenüber bereit machen und diesen Glauben so stark in uns beleben, daß aus ihm Mut, Aufrichtigkeit, Zielbewußtsein, Reinheit des Herzens, Fortschrittlichkeit der Seele und eine hohe Moralauffassung entspringen.

Nun wollen wir sehen, wie das tägliche Gebet verrichtet wird. Zunächst nehmen wir die Waschung genau in der Weise vor, wie der Prophet Muhammad es vorgeschrieben hat. Auch unsere Gebete sprechen wir gemäß den Anweisungen des Propheten.

Warum tun wir dies? Ganz einfach - weil wir an die Sendung Mohammeds glauben und es für unsere bindende Pflicht halten, ihm ohne Widerspruch zu folgen. Warum hüten wir uns davor, den Qur'an fehlerhaft zu rezitieren? Ist der Grund dafür nicht, daß wir dieses Buch für das Wort Gottes halten und es deshalb als Sünde betrachten würden, von seinem genauen Wortlaut - abzuweichen? In den Gebeten rezitieren wir vieles leise, und es gibt niemanden, der uns dabei erwischen könnte, wenn wir einfach gar nichts rezitieren oder vom vorgeschriebenen Text abweichen. Doch niemals tun wir so etwas absichtlich. - Warum?

Weil wir glauben, daß Gott stets wachsam ist, alles hört, was wir sprechen, und alle offenbaren und verborgenen Dinge weiß. Was veranlaßt uns dazu, unsere Gebete dort zu verrichten, wo es niemanden gibt, der uns dazu auffordern würde, sie zu sagen, und auch niemanden, da uns dabei beobachten könnte? Tun wir dies nicht, weil wir darin glauben, daß Gott uns stets beobachtet? Was bringt uns dazu, ein wichtiges Geschäft oder eine andere Tätigkeit im Stich zu lassen, um zur Moschee zu eilen und dort zu beten? Was veranlaßt uns dazu, am frühen Morgen unseren süßen Schlaf zu unterbrechen, in der Mittagshitze zur Moschee zu kommen und unsere abendlichen Vergnügungen zu verlassen - alles nur um unserer Gebete willen? Ist es irgend etwas anderes als unser Pflichtgefühl - das Bewußtsein, daß wir unsere Aufgaben Gott dem Herrn gegenüber erfüllen müssen, komme was da wolle? Und warum haben wir Angst davor, im Gebet irgendwelche Fehler zu machen? Weil unser Herz von Ehrfurcht für Gott erfüllt ist und wir wissen, daß wir vor Ihn hintreten müssen am Tage des Jüngsten Gerichts und für unser gesamtes Leben Rechnung abzulegen haben. Ergibt sich aus all dem nicht, daß es wohl keine bessere Art der moralischen und geistigen Schulung gibt als die Verrichtung der Gebete? Es ist diese Schulung, die aus dem Menschen einen vollkommenen Muslim macht. Sie erinnert ihn an seinen Bund mit Gott, belebt seinen Glauben an Ihn stets auf neue und hält sein Wissen um den Tag des Jüngsten Gerichts immer wach und allgegenwärtig vor seinem geistigen Auge. Sie veranlaßt ihn dazu, dem Propheten zu folgen, und erzieht ihn zur Einhaltung seiner ihm auferlegten Pflichten. Zwar ist es eine strenge Schulung für den Menschen, die darauf abzielt, sein Denken und Handeln mit seinen Idealen in übereinstimmung zu bringen. Doch wird ganz sicher ein Mensch, der sich seiner Pflichten seinem Schöpfer gegenüber so deutlich bewußt ist, wertvoller und wichtiger hält als alle weltlichen Vorteile) und nicht müde wird, dieses Bewußtsein durch Gebete stets in sich lebendig zu erhalten, gewiß in allem, was er tut, allem Unguten und Unreinen aus dem Wege gehen. Denn er weiß, würde er dies nicht tun, so würde er bestimmt Gottes Unwillen Auf sich ziehen, den zu vermeiden er stets bemüht war. Er wird in allen Bereichen seines Lebens an Gottes Gesetz festhalten, so wie er es täglich in seinen fünf Gebeten befolgt. Auf diesen Menschen kann man sich auch in jeder anderen Hinsicht verlassen, denn wenn die Versuchung zur Sündhaftigkeit oder zum Betrug auf ihn zukommt, so wird er sich bemühen, ihr auszuweichen, weil die Furcht vor seinem Herrn in seinem Herzen immer gegenwärtig ist. Wenn sich jedoch ein Mensch nach einer derart gründlichen Schulung in anderen Lebensbereichen schlecht benimmt und Gottes Gesetz nicht beachtet, so ist dies nur aufgrund einer seinem innersten Wesen anhaftenden Verworfenheit möglich.

Hinzu kommt noch, daß wir unser Gebet nach Möglichkeit in Gemeinschaft sagen sollten, ganz besonders das Freitagsgebet. Das schafft unter den Moslimen Bande der Liebe und des gegenseitigen Verstehens. Es erweckt in ihnen das Bewußtsein ihrer kollektiven Einheit und fördert die Gefühle der Brüderlichkeit. Sie alle sagen ihr Gebet in einer Gemeinschaft, und das vergegenwärtigt ihnen ihre starke Zusammengehörigkeit. Gebete sind ja überhaupt ein Symbol der Gleichheit, denn Arme und Reiche, Einfache und Vornehme, Herrscher und Beherrschte, Gebildete und Ungebildete, Schwarze und Weiße - sie alle stehen in einer Reihe und werfen sich vor ihrem Herrn in Anbetung nieder. Die Gebete schärfen den Menschen auch ein starkes Gefühl für Disziplin und Gehorsam den gewählten Führern gegenüber ein. Kurz und gut, sie fördern bei den Mitgliedern der Gemeinschaft alle jene Tugenden, die die Entwicklung eines inhaltsreichen individuellen und kollektiven Lebens ermöglichen.

Dies sind nur einige der ungezählten Vorteile, die wir aus den täglichen Gebeten ziehen können. Wenn wir uns weigern, uns ihrer zu bedienen, so sind wir und nur wir die Verlierenden. Wenn wir uns vor den Gebeten drücken, kann dies nur zweierlei Gründe haben: Entweder betrachten wir die Gebete nicht als unsere Pflicht, oder wir halten sie für unsere Pflicht, der wir uns jedoch zu entziehen trachten. Im ersten Fall wird unsere Behauptung, gläubig zu sein, zur schamlosen Lüge, denn wenn wir uns weigern, Anweisungen entgegenzunehmen, dann erkennen wir damit zugleich auch die Autorität nicht mehr länger an. Und im zweiten Fall sind wir, wenn wir die Autorität Gottes anerkennen und doch Seine Gebote verächtlich machen, die allerunzuverlässigsten aller Geschöpfe, die je diese Erde betreten haben. Denn wenn wir ein solches Verhalten der höchsten Autorität des Universums gegenüber an den Tag legen, was gibt es dann für eine Sicherheit, daß wir nicht dasselbe in unserem Umgang mit unseren Mitmenschen tun werden? Und wenn ein solches Doppelspiel über eine Gesellschaft hereinbricht, was für ein Hexenkessel der Uneinigkeit und Zwistigkeiten muß dann um sie herum entstehen!

b) Das Fasten
Das, wofür die Gebete uns täglich fünfmal dienen sollen, manifestiert sich durch das Fasten im Monat Ramadan, dem neunten Monat des Mondjahres, einmal jährlich. Während dieser Zeit essen wir von der Morgendämmerung bis zum Einbruch der Nacht auch nicht das geringste Bröselchen, noch trinken wir einen einzigen Tropfen Wasser, wie hungrig oder durstig wir uns auch fühlen mögen oder wie verlockend uns eine Speise auch erscheinen mag. Was ist es, das uns freiwillig solche strengen Gebote erdulden läßt? Es ist nichts anderes als der Glaube an Gott und die Furcht vor Ihm und dem Tag des Jüngsten Gerichts. Während unseres Fastens unterdrücken wir jeden Augenblick aufs neue unser Verlangen und unsere Begierde und bezeugen, indem wir dies tun, daß Gottes Gesetz den Vorrang vor unseren menschlichen Trieben hat. Dieses Pflichtbewußtsein und diese Geduld, die ununterbrochenes Fasten einen vollen Monat lang in uns erwecken, helfen uns, unseren Glauben zu festigen. Die Strenge und Disziplin, die dieser Monat uns abverlangt, bringt uns in direkte Berührung mit den Tatsachen und dem Ernst des Daseins und hilft uns, unser Leben während der übrigen Zeit des Jahres ganz auf die aufrichtige Unterwerfung unter Gottes Willen auszurichten.

Doch noch von einem anderen Gesichtspunkt aus übt das Fasten einen großen Einfluß auf unsere Gesellschaft aus, denn alle Moslimen, ohne Ansehen ihres Standes, müssen das Fasten während desselben Monats einhalten Dies hebt die grundsätzlich Gleichheit aller Menschen hervor und trägt somit wesentlich zur Schaffung eines Gefühls der Liebe und Brüderlichkeit unter ihnen bei. Während des Ramadan verkriecht sich alles Schlechte, während das Gute in den Vordergrund tritt und die allgemeine Stimmung von Frömmigkeit und Reinheit getragen Ist. Die religiöse Pflicht des Fastens ist uns zu unserem eigenen Nutzen auferlegt worden. Auf jene, die dieses außerordentlich wichtige Gebot nicht befolgen, kann man sich auch nicht mit Sicherheit verlassen, soweit es die Erledigung ihrer anderen Aufgaben betrifft. Doch die Schlimmsten sind jene Moslimen, die sich nicht scheuen, während dieses heiligen Monats in aller öffentlichkeit zu essen und zu trinkt. Diese Menschen zeigen durch ihr Benehmen, daß sie sich nicht im geringsten um die Weisungen Gottes kümmern, an Den als Schöpfer und Erhalter zu glauben sie vorgehen. Doch nicht nur das, sie beweisen durch ihren Ungehorsam auch, daß sie keine aufrichtigen, zuverlässigen Mitglieder der Moslim-Gemeinschaft sind, oder vielmehr, daß sie eigentlich

gar nicht dazu gehören. Es liegt klar auf der Hand, daß man von solchen Heuchle nur das Schlechteste erwarten kann, soweit es Gehorsam dem Gesetz gegenüber und Würdigung des in sie gesetzten Vertrauens betrifft.

c) Sakat
Die dritte Verpflichtung ist die Entrichtung der Almosen, der Sakat. Jeder Moslem, dessen finanzielle Verhältnisse sich über einem festgesetzten Minimum bewegen, hat jährlich zweieinhalb Prozent von seinem Barvermögen an einen unterstützungswürdigen Mitbürger, einen zum Islam Bekehrten, einen Reisenden oder einen mit Schulden Belasteten zu bezahlen. Dies ist das Minimum. Je mehr man bezahlt, um so größer wird die Belohnung sein, die Gott einem dereinst wird zuteil werden lassen. Wenn wir Sakat bezahlen, so tun wir das nicht etwa, weil Gott dieses Geld braucht oder gar bekommt Er ist über jedes Bedürfnis erhaben und steht über jeglichem Verlangen. Doch verspricht Er uns in Seiner liebevollen Barmherzigkeit vielfache Belohnung, wenn wir unseren Brüdern und Schwerstem helfen. Die unerläßliche Voraussetzung für Eine solche Belohnung ist jedoch daß wir bei der Bezahlung der Sakat im Namen Gottes für unsere Wohltaten keinerlei weltliche Vorteile erwarten oder fordern und daß wir auch nicht danach streben, uns dadurch überall als Philanthropen beliebt zu machen.

Die Sakat ist etwas so Grundsätzliches im Islam wie die anderen Formen der Ibada, etwa das Gebet und das Fasten. Die Hauptbedeutung dieser Abgabe liegt in der Tatsache, daß dadurch die gute Eigenschaft der Opferfreudigkeit gefördert wird und wir von unserer Selbstsucht und unserem Trieb, Geld zu horten, befreit werden. Der Islam nimmt nur jene in seinen Schoß auf, die dazu bereit sind, auf Gottes Wegen aus ihrem schwer verdienten

Vermögen freudig und ohne Aussicht auf irgendwelchen irdischen oder persönlichen Gewinn etwas zu verschenken. Mit Geizhälsen will er nichts zu tun haben. Ein aufrichtiger Muslim wird, wenn die Aufforderung dazu an ihn ergeht, ohne Zögern all sein Hab und Gut für die Sache Gottes hingeben, denn die Sakat hat ihn bereits zu einem solchen Opfer erzogen.

Für die islamische Gesellschaft bringt die Einrichtung der Sakat außerordentlich große Vorteile mit sich. Es ist jedem wohlhabenden Muslim zur bindenden Pflicht gemacht worden, seinen schlechtgestellten, bedürftigen Brüdern und Schwestern zu helfen. Sein Vermögen soll nicht einzig und allein für das eigene Wohlergehen und die persönliche Bequemlichkeit ausgegeben werden. Vielmehr gibt es Menschen, die einen rechtmäßigen Anspruch auf sein Vermögen erheben können. Das sind zum Beispiel die Witwen und Waisen; die Armen und Kranken; jene, die die Fähigkeiten, nicht aber die Mittel haben, um sich eine nützliche Beschäftigung zu suchen; jene, die das Talent und den Scharfsinn, nicht jedoch das Geld besitzen, um sich größeres Wissen anzueignen und damit wertvolle Mitglieder der Gemeinschaft zu werden. Wer die Rechte solcher Mitbrüder der eigenen Gemeinde auf sein Vermögen nicht anerkennt, ist wahrhaftig grausam. Denn es gibt keine größere Grausamkeit als die, die eigenen Truhen vollzustopfen, während andere Hungers sterben oder unter den qualvollen Folgen der Arbeitslosigkeit leiden müssen. Der Islam ist der Erzfeind derartiger Eigenliebe, Habgier und Gewinnsucht. Nichtgläubige, denen das Gefühl der alles umfassenden Liebe fehlt, kennen nichts anderes als das selbstsüchtige Streben danach, ihr Vermögen zu erhalten, ja es möglichst noch zu vergrößern, indem sie es gegen Zinsen verleihen. Die Lehren des Islams treten für das genaue Gegenteil dieser Geisteshaltung ein. Hier teilt man sich mit anderen in sein Vermögen und hilft ihnen tatkräftig, damit sie auf eigenen Beinen stehen können und leistungsfähige und nützliche Mitglieder der Gesellschaft werden.

d) Der Hadsch oder die Pilgerfahrt
Der Hadsch oder die Pilgerfahrt nach Mekka ist die vierte der fundamentalen Pflichten im Islam. Diese Reise ist nur für jene bindende Pflicht, die die Mittel dazu aufbringen können. In diesem Fall sollte die Pilgerfahrt mindestens einmal im Leben unternommen werden.

Mekka steht heute dort, wo einst der Prophet Abraham (Gottes Segen sei mit ihm) ein kleines Haus zur Anbetung Gottes erbaute. Allah belohnte ihn, indem Er es Sein Eigenes Haus nannte und es zum Mittelpunkt für alle Gläubigen machte, die sich bei der Verrichtung ihrer Gebete stets dorthin wenden müssen, wo immer sie sich auch befinden mögen auf unserem Erdenrund. Er erlegte es auch nur denen als Pflicht auf, diesen Ort wenigstens einmal in ihrem Leben zu besuchen, die die notwendigen Mittel dazu haben. Die Reise nach Mekka darf aber nicht zu einem reinen Höflichkeitsbesuch werden. Auch diese Pilgerfahrt ist an feste Riten und Voraussetzungen gebunden, die erfüllt werden müssen, um Frömmigkeit und Güte in uns wachzurufen. Wenn wir uns auf den Hadsch begeben, so wird von uns verlangt, daß wir unsere Leidenschaften zügeln, Blutvergießen vermeiden und aufrichtig in Wort und Tat sind. Gott verspricht uns herrliche Belohnung für unsere Aufrichtigkeit und Ergebenheit.

Denn wenn ein Mensch nicht wirklich von der Liehe zu Gott erfüllt wäre, würde er niemals eine so lange Reise auf sich nehmen und all seine Freunde und Lieben zurücklassen. Auch unterscheidet sich die Pilgerfahrt grundlegend von jeder anderen Reise. Hier beschäftigt sich der Reisende in all seinen Gedanken nur mit Gott, sein ganzes Wesen erschauert förmlich vor inniger Ergebenheit und Ehrfurcht. Wenn er die heiligen Stätten erreicht, so findet er eine Atmosphäre, getragen von Frömmigkeit, Milde und gutem Willen, von Er besucht die Stätten, die Zeugnis vom Glanz des Islams ablegen, und all dies hinterläßt einen unauslöschlichen Eindruck in seiner Seele, den er bis zum letzten Atemzug in sich trägt.

Doch wie bei den anderen Ibadat gibt es noch viele weitere Vorteile, die die Gläubigen aus dieser Pilgerfahrt ziehen können. Mekka ist der Mittelpunkt der islamischen Welt, an dem die Moslimen einmal jährlich zusammenkommen müssen, um sich gemeinsam niederzulassen und über Themen von allgemeinem Interesse zu diskutieren. Dadurch wird der Glaube um so lebhafter entfacht und das Bewußtsein wachgerufen, daß alle Moslimen gleich sind und die Liebe und das Mitgefühl der anderen verdienen, unabhängig von ihrer geographischen oder kulturellen Herkunft. So verbindet die Pilgerfahrt die Moslimen der ganzen Welt zu einer internationalen Bruderschaft.

e) Die Verteidigung des Islams
Obwohl die Verteidigung des Islams nicht ein fundamentaler Grundsatz ist, ist ihre Notwendigkeit und Wichtigkeit doch wiederholt in Qur'an und Hadith betont worden. In ihrem Kernpunkt stellt sie eine Prüfling unserer Aufrichtigkeit und Zuverlässigkeit als Anhänger des Islams dar. Wenn wir weder bereit sind, jemanden, den wir unseren Freund nennen, gegen Hinterlistigkeiten oder offene Beleidigungen und Angriffe seiner Widersacher zu verteidigen, noch uns um seine Belange zu kümmern, sondern uns einzig

und allein von unserem Egoismus leiten lassen, so täuschen wir unsere Freundschaft zu ihm tatsächlich nur vor. Ebenso müssen wir, wenn wir behaupten, an den Islam zu glauben, ständig darauf bedacht sein, das Ansehen des Islams zu schützen und hochzuhalten. Der einzige Leitfaden in unserem Benehmen muß sein, daß wir stets die Belange aller Moslimen wahrnehmen und uns bereitwillig dem Islam zuwidmen. Angesichts dieser heiligen Aufgabe müssen alle unsere persönlichen Erwägungen zur Bedeutungslosigkeit zusammenschrumpfen.

f) Der Dschihad
Der Dschihad ist ein Teil der vorstehend erläuterten allgemeinen Verteidigung des Islams. Dschihad bedeutet Kampf, Bemühung, Anstrengung bis zum äußersten der eigenen Leistungsfähigkeit. Ein Mensch, der sich körperlich oder geistig anstrengt oder sein Vermögen für die Sache Gottes hingibt, ist tatsächlich im Dschihad begriffen. Doch in der Sprache der Schari'a wird dieses Wort vornehmlich für den Krieg benutzt, der einzig und allein im Namen Gottes und gegen jene geführt wird, die als Gegner des Islams Unterdrückung ausüben. Die außerordentliche Opferbereitschaft, selbst das eigene Leben hinzugeben, müssen alle Moslimen aufbringen. Wenn sich jedoch ein Teil der Moslimen erbietet, am Dschihad teilzunehmen, so ist damit die ganze Gemeinde von ihrer Verantwortung entbunden. Tritt aber niemand freiwillig hervor, dann ist jeder einzelne verantwortlich. Dieses Zugeständnis wird in dem Moment für die Bürger eines islamischen

Staates ungültig, wenn dieser von Nichtmoslimen angegriffen wird. In diesem Fall muß jeder zum Dschihad bereit sein. Wenn das angegriffene Land nicht stark genug ist, um sich allein zu verteidigen, dann ist es die religiöse Pflicht der benachbarten Muslim-Länder, ihm zu helfen; doch wenn auch sie zu schwach sind, dann müssen die Moslimen der ganzen Welt den gemeinsamen Feind bekämpfen. In all diesen Fällen ist der Dschihad eine genauso unerläßliche und primäre Pflicht der betreffenden Moslimen wie das tägliche Gebet oder das Fasten. Wer dem zu entkommen sucht, ist ein Sünder, ja, seine Behauptung, ein Muslim zu sein; wird dadurch zweifelhaft. Er ist ganz offenbar ein Heuchler, der bei der Prüfling seiner Aufrichtigkeit versagt, und alle seine Ibadat und Gebete sind leerer Schein, eine wertlose, hohle Vorspiegelung von Gottergebenheit.

DIN UND SCHARI'A

Bis jetzt haben wir uns mit Din, dem Glauben, beschäftigt. Nun kommen wir zur Behandlung der Schari'a des Propheten Muhammad (Friede sei mit ihm). Doch zunächst wollen wir den Unterschied zwischen Din und Schari'a darlegen.

a) Unterscheidung zwischen Din und Schari'a
In den vorangegangenen Kapiteln haben wir gesagt, daß alle Propheten, die von Zeit zu Zeit aufgetreten sind, den Islam verkündet haben. Dies ist eine sehr wesentliche Tatsache. Die Propheten verkündeten den Islam, das heißt den Glauben an Gott mit allen Seinen Eigenschaften, den Glauben an den Tag des Jüngsten Gerichts, den Glauben an die Gesandten und die offenbarten Bücher, und daraus folgend, forderten sie die Menschen dazu auf, ein Leben des Gehorsams und der Ergebenheit ihrem Herrn gegenüber zu führen. Dies ist es, was man unter Din versteht, und darauf fußten die Lehren aller Propheten.

Abgesehen vom Din, gibt es noch die Schari'a, die ins einzelne gehende Gesetzeslehre, die die Vorschriften für das Verhalten in allen Dingen des Lebens enthält. So etwa Richtlinien für die Art und Weise, wie der Gottesdienst abgehalten werden soll, Maßstäbe für Moral und Sittlichkeit und ein gottgefälliges Leben und Gesetze für das, was erlaubt oder verboten, was richtig oder falsch ist. Diese Gesetzesvorschriften sind von Zeit zu Zeit Verbesserungen und änderungen unterworfen gewesen, und obwohl jeder Prophet denselben Din verkündete, brachte er doch eine etwas abgewandelte Schari'a, die den Lebensumständen seines eigenen Volkes und seiner Zeit angepaßt war. Dies diente dem Zweck, die verschiedenen Völker zu den entsprechenden Zeiten zu einem besseren Zusammenleben zu erziehen und sie mit stets noch verbesserten moralischen Wertmaßstäben auszustatten, damit sie so ausgerüstet eine höhere Zivilisationsstufe erklimmen konnten. Dieser Prozeß endete mit dem Erscheinen Mohammeds, des letzten Propheten, der die endgültigen Gesetzesvorschriften niederlegte, die hinfort für die ganze Menschheit und für alle kommenden Zeiten in Anwendung zu bringen waren. Der Din ist nie einer Veränderung unterworfen gewesen. Doch im Hinblick auf die allumfassende Schari'a, die der Prophet Muhammad uns überbracht hat, sind alle vorausgegangenen Gesetzesvorschriften hinfällig geworden. Die Schari'a Mohammeds stellt den Höhepunkt und das Finale dieses größten Erziehungsvorgangs dar, der bereits beim Heraufdämmern des menschlichen Zeitalters seinen Anfang genommen hat.

b) Die Quellen der Schari'a
Wenn wir uns mit der Schari'a des Propheten Muhammad vertraut machen wollen, müssen wir uns vor allem auf zwei Hauptquellen stützen, nämlich den Qur'an und den Hadith. Der Qur'an ist eine göttliche Offenbarung absolut jedes Wort darin ist von Gott. Der Hadith besteht aus einer Sammlung der Worte und Taten des letzten Propheten, aus den überlieferungen über seine Lebensweise und sein Verhalten in allen Dingen des Lebens. Diese überlieferungen wurden von jenen bewahrt, die mit ihm zusammen gelebt hatten, oder von jenen, die zuverlässige Kunde darüber erhalten hatten. Später wurden diese Ahadith von Religionswissenschaftlern gesammelt, gesichtet und äußerst sorgfältig auf ihre Echtheit hin geprüft. Nur solche überlieferungen, die sich durch eine Kette von anerkannten übermittlern bis zu Muhammad zurückverfolgen ließen, wurden in Form von Bücher zusammengefaßt Die Sammlungen von Malik, Buchari, Muslim, Termis, Abu-Dawud, Nassa'i und Ibn Madscha gelten als die zuverlässigsten.

c) Fiqh
Fiqh ist die ins einzelne gehende Gesetzgebung, die, gestützt auf Qur'an und Hadith, die unzähligen Probleme behandelt, welche im Laufe eines Menschenlebens entstehen können. Diese Gesetzgebung wurde von einer Reihe der bedeutendsten. Die islamischen Gesetzeskundigen der Vergangenheit erstellt. Die Muslim-Völker der ganzen Welt und aller Zeiten sind diesen hochgelehrten und weitsichtigen Männer auf ewig zu größtem Dank verpflichtet, die ihr ganzes Leben dem Studium von Qur'an und Hadith gewidmet haben, um dann aus ihrem reichen Wissensschatz den Moslimen auf der ganzen Welt die Möglichkeit in die Hand zu geben, sich in allen Angelegenheiten ihres täglichen Lebens nach den Erfordernissen der Schari'a zu richten. Nur diesen großen Wissenschaftlern verdanken wir es, daß die Moslimen in aller Welt die Schari'a selbst dann leicht befolgen können, wenn ihre eigenen Kenntnisse auf religiösem Gebiet nicht so gut sind, daß sie selbst Qur'an und Hadith richtig interpretieren können.

Obwohl sich zu Beginn eine große Anzahl führender religiöser Denker dieser Aufgabe widmete, sind bis zum heutigen Tag nur vier religiöse Hauptschulen oder Hauptlehrrichtungen erhalten geblieben, nämlich:

Die Hanafi-Schule des Fiqh. Sie wurde von Abu Hanifa Nu'man ihn Thabit unter Hilfe und Mitwirkung von Abu Yussuf, Muhammad und anderen zusammengestellt, die sich durch ihre außerordentlich umfassenden und tiefgreifenden religiösen Kenntnisse verdient gemacht hatten.

Die Maliki-Schule des Fiqh, die von Malik ibn Anas Asshabi ausgearbeitet wurde.
Die Schafi'i-Schule des Fiqh, begründet von Muhammad ibn Idriss asch-Schafi'i
Die Hanbali-Schule des Fiqh, deren geistiger Vater Ahmad ibn Hanbal war.
"Hier noch einige nähere Angaben über die einzelnen Schulen und deren Stellung in der heutigen Welt:
- Abu Hanifa Nu'man ihn Thabit wurde im Jahre 80 n. H. (d.h. nach der Hidschra, der Auswanderung des Propheten Mohammed von Mekka nach Madina, im Jahre -622 n. Chr. Dieses Jahr ist der Ausgangspunkt der islamischen Zeitrechnung, die auf den Mondjahr basiert und in der deshalb das Jahr um elf Tage kürzer ist als in der christlichen Zeitrechnung) - 699 n. alt. - geboren und starb im Jahre 150 n. H. -767 n.Chr. -. Es gibt etwa 340 Millionen Anhänger dieses Fiqh in der Welt, die meist in der Türkei, Pakistan, Indien, Afghanistan, Jordanien, Indochina, China und der Sowjetunion leben.
- Malik ibn Anas Assbahi wurde im Jahre 93 n. H. -714 n. Chr. - geboten und starb 179 n. H. - 798 n. Chr. -. Es gibt nahezu 45 Millionen Anhänger dieses Fiqh in der Welt, die hauptsächlich in Marokko, Algerien, Tunesien, Sudan, Kuwait und Bahrain ansässig sind.
- Mohammed ibn Idriss asch-Schafi wurde 150 n. H. -767 n.Chr. - geboten und starb 240 n. 11- 854 n.Chr.-. seine Anhänger belaufen sich auf etwa 100 Millionen und verteilen sich hauptsächlich auf Palästina, den Libanon, ägypten, den Irak, Saudi-Arabien, Jemen und Indonesien.
- Ahmad ibn Hanbal wurde im Jahre 164 n H. -780 n.Chr. - gebeten und starb 241 n. H. -855 n Chr. -. Es gibt ungefähr 3 Millionen Anhänger dieses Fiqh die zum größten Teil in Saudi-Arabien, dem Libanon und Syrien beheimatet sind. (Diese Zahlen stützen sich auf Angaben aus dem Jahre 1960.) - Eine weitere Hauptschule oder Lehrrichtung des Islams ist die Scha'a die sich auf ihren eigenen Fiqh stützt."
Alle diese Schulen erhielten innerhalb von zweihundert Jahren nach der Zeit des Propheten ihre endgültige Form. Die Unterschiede, die in den vier Schulen zutage treten, sind nichts als eine ganz natürliche Folge der Tatsache, daß die Wahrheit vielseitig ist und von mehreren Blickwinkeln aus betrachtet werden kann. Wenn verschiedene Leute sich damit beschäftigen, ein vorgegebenes Ereignis zu interpretieren, so geben sie Erklärungen gemäß ihrer individuellen Denkweise ab, die ihren eigenen Ansichten entsprechen. Was diesen vier Schulen des Fiqh die Rechtsgültigkeit verleiht, die ihnen heute zugeschrieben wird, ist die unanfechtbare Integrität ihrer jeweiligen Begründer und die Glaubwürdigkeit der von ihnen angewandten Methode. Darum betrachten alle Moslimen, welcher Schule sie auch immer angehören mögen, alle vier Schulen des Fiqh als richtig und wahrhaftig. Obwohl die Rechtsgültigkeit aller vier Schulen des Fiqh unbestritten ist und bleibt, kann man in seinem Leben jedoch nur einer von ihnen angehören und sie befolgen. Allerdings gibt es eine Gruppe von Ahadith, die besagen, daß diejenigen, die die Kenntnisse und das erforderliche Wissen besitzen, sich direkt an Qur'an und Hadith orientieren sollten und jene, denen solche Kenntnisse und Fähigkeiten

nicht gegeben sind, der Schule folgen sollten, die ihnen in einer bestimmten Angelegenheit am geeignetsten erscheint.

d) Tassawwuf
Der Fiqh beschäftigt sich mit der offenbaren und der Befolgung anheimgestellten Verhaltensweise des Menschen auf Erden, mit der Erfüllung bestimmter Pflichten dem Gesetz nach. Der Tassawwuf dagegen befaßt sich mit dem Geist, der hinter unserem Verhalten steht. Wenn wir beispielsweise unser Gebet sagen, so wird die Fiqh uns lediglich nach der Einhaltung der äußeren Voraussetzungen, wie etwa der Waschung, des Hinwendens zur Ka'ba, der Beachtung der Gebetszeiten und der Anzahl der verrichteten Rak'as, beurteilen, während Tassawwuf unser Gebet aufgrund unserer Konzentration, unserer Hingabe, der Reinheit unserer Seele und der Wirkung dieses Gottesdienstes auf unser sittliches Verhalten und unser Benehmen ganz allgemein bewerten wird. So ist also der wahrhaft islamische Tassawwuf der Maßstab unseres geistigen Gehorsams und unserer Aufrichtigkeit, während Fiqh die Ausführung der uns gegebenen Anordnungen bis in die kleinste Einzelheit bestimmt. Eine Ibada, der die rechte Geisteshaltung fehlt, ist, selbst wenn sie richtig ausgeführt wird, wie ein Mensch, der zwar hübsch aussieht, dem es jedoch an Charakterstärke mangelt. Und eine Ibada, die von religiösem Eifer erfüllt ist, dabei aber falsch ausgeführt wird, ist wie ein Mensch mit einem edlen Charakter, doch von unförmiger Erscheinung.

Obiges Beispiel zeigt ganz klar den Zusammenhang zwischen Fiqh und Tassawwuf Doch zu ihrem großen Unglück unterlagen die. Moslimen, nachdem sie im Lauf da Zeit in ihrem Wissen und ihrer Charakterstärke immer mehr abgesunken waren, auch den irreführenden Philosophien von Völkern; die zu jener Zeit die Vorherrschaft in der Welt in Händen hatten, und machten sich deren Philosophien selbst zu eigen und verunreinigten den Islam mit ihren abwegigen Dogmen.

Sie besudelten die reine Quelle des islamischen Tassawwuf mit Unsinnigkeit, die auch durch die wildesten geistigen Akrobatenakte nicht auf der Grundlage von Qur'an und Hadith gerechtfertigt werden konnten. Nach und nach trat eine Gruppe von Moslimen hervor, die sich den Anforderungen der Schari'a gegenüber weit überlegen fühlten und meinten, diese beträfen sie nicht, und das schrien sie auch noch lauthals in die Welt hinaus. Diese Leute hatten nicht die blasseste Ahnung vom Islam, der niemals seine Zustimmung zu einem Tassawwuf geben kann, der sich von der Schari'a gelöst hat. Kein Sufi hat das Recht die Grenzen der Schari'a zu überschreiten oder die vordringlichsten religiösen Pflichten wie das tägliche Gebet, Fasten, Sakat oder den Hadsch auf die leichte Schulter zu nehmen und sich hier persönliche Freiheiten zu erlauben. Tassawwuf ist in seiner innersten Bedeutung nichts anderes als eine ganz intensive Liebe zu Gott und zu Muhammad, und eine solche Liebe erforderte strengste Beachtung der göttlichen Gebote, wie sie im Qur'an und in der Ssunna des Propheten enthalten sind. Wer immer von diesen göttlichen Geboten abweicht, behauptet zu Unrecht, daß er Gott und Seinen Gesandten liebe.